Entlastung für den industriellen Mittelstand: IVSH begrüßt Omnibus IV-Verordnungsvorschläge – warnt aber vor indirekten Belastungen

Der Industrieverband Schneid- und Haushaltwaren e.V. (IVSH) begrüßt den Vorschlag der Europäischen Kommission, ausgewählte Entlastungsmaßnahmen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU/SME) künftig auch auf sogenannte Small Mid-Cap-Unternehmen (SMCs) auszuweiten. Die geplante Omnibus-IV Anpassungen sind ein überfälliger Schritt hin zu einem realitätsnäheren und verhältnismäßigeren Regulierungsrahmen für den industriellen Mittelstand in Europa. Diese Position hat der IVSH jetzt u.a. auch im Rahmen der Konsultation der EU dargelegt.
Herausforderungen für mittelständische Unternehmen
Insbesondere mittelständische Unternehmen aus der Schneidwaren- und Haushaltswarenbranche, die formal nicht mehr als KMU (SME) gelten, aber auch nicht über die Ressourcen großer Konzerne verfügen, leiden unter einem überproportionalen Verwaltungsaufwand. Die geplanten Erleichterungen – etwa bei der DSGVO, im Bereich der Handelsverteidigung oder bei der Berichterstattung zu F-Gasen und Batterien – sind daher ausdrücklich zu begrüßen.
Gleichzeitig macht der IVSH deutlich, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen lediglich einen kleinen Schritt darstellen und weitere gezielte Entlastungen für mittelständische Unternehmen folgen müssen, um deren Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu sichern.
Indirekte Belastungen durch Lieferkettenpflichten
Trotz der positiven Grundausrichtung der Entwürfe warnt der IVSH jedoch vor einem zentralen Problem: Die formale Ausnahme von SMCs aus bestimmten Pflichten schützt sie nicht automatisch vor indirekten Belastungen – insbesondere dann nicht, wenn sie Teil von Lieferketten größerer, voll regulierter Unternehmen und damit indirekt von deren Complianceanforderungen oder internen Anforderungen – die über das gesetzliche notwendige hinausgehen - sind.
In der Praxis zeigt sich, dass SMEs und SMCs häufig verpflichtet werden, umfangreiche Daten und Nachweise zu liefern, um die Berichtspflichten ihrer Kunden zu erfüllen – etwa im Rahmen der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CS3D), der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) oder im Rahmen von Produktinformationen die abgefragt werden.
Bereits im Rahmen des ersten Omnibus-Verfahrens hatte der IVSH auf diese Herausforderungen für mittelständische Unternehmen aufmerksam gemacht und deutlich gemacht, dass eine bloße formale Ausnahme oder Grenzwerte nicht ausreichen, um die tatsächlichen Belastungen wirksam zu adressieren.
Denn: Diese o.g. „trickle-down“-Effekte führen zu einem faktischen Erfüllungszwang, der die beabsichtigte Entlastung konterkariert.
Forderungen des IVSH
Damit die Omnibus-Verordnung ihre Wirkung entfalten kann, fordert der IVSH folgende Ergänzungen:
- Rechtlich verbindliche Abgrenzung in der Lieferkette: Es muss klar geregelt werden, dass SMEs und SMCs nicht zur (vollständigen) Erfüllung von Sorgfaltspflichten ihrer Kunden verpflichtet werden dürfen. Vertragliche Rückdelegationen müssen ausgeschlossen und ggf. sanktioniert werden.
- Vermutung der Konformität innerhalb der EU: Für rein inner-europäische Lieferketten sollte eine widerlegbare Vermutung gelten, dass Umwelt- und Sozialstandards i.d.R. eingehalten werden. Dies würde den Dokumentationsaufwand erheblich reduzieren.
- Verankerung der Verhältnismäßigkeit in Handelsabkommen und digitalen Tools: Die Prinzipien der Proportionalität und der Konformitätsvermutung sollten auch in Handelsabkommen und digitalen Compliance-Instrumenten, wie zukünftig dem DPP berücksichtigt werden.
- Klare Begrenzung der Sorgfaltspflichten: Die EU-Gesetzgebung sollte sich auf direkte Geschäftspartner und konkrete Risiken beschränken.
Trickle-down als eigentliche Herausforderung
Omnibus IV ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Doch ohne flankierende Maßnahmen in horizontalen Regelwerken droht die beabsichtigte Entlastung ins Leere zu laufen.
Der IVSH appelliert daher an die europäischen Institutionen, die Vorschläge ganzheitlich weiterzuentwickeln und insbesondere trickle-down Effekte und Rückdelegationen innerhalb der Lieferkette wirksam zu bekämpfen, um damit die Wettbewerbsfähigkeit des industriellen Mittelstands nachhaltig zu stärken.