IVSH und FEC fordern Ausweitung des CBAM auf Downstream‑Produkte der Schneidwaren‑, Koch- und Haushaltwarenindustrie

Solingen, August 2025. Der Industrieverband Schneid‑ und Haushaltwaren e. V. (IVSH) und die Federation of the European Cookware, Cutlery and Housewares Industries (FEC) begrüßen das Ziel der EU, durch den Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) faire und klimafreundliche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen.
Zugleich warnen beide Verbände, dass die derzeitige Ausgestaltung des CBAM erhebliche Wettbewerbsverzerrungen zulasten europäischer Hersteller in unserer Branche erzeugt – insbesondere, weil bei uns nachgelagerte (Downstream‑)Produkte bislang weitgehend unberücksichtigt bleiben.
Ausgangslage: CBAM greift zu kurz – und gefährdet faire Wettbewerbsbedingungen
Der CBAM bezieht sich aktuell primär auf Grundmaterialien wie Stahl und Aluminium. Viele Fertigwaren aus diesen Materialien – etwa Kochgeschirr, Bestecke, Scheren sowie nicht‑elektrische Haushaltswaren – werden jedoch aktuell nicht vom CBAM erfasst.
Dies führt zu einer paradoxen und klimapolitisch kontraproduktiven Situation: Während importierter Stahl dem CBAM unterliegt, bleiben daraus gefertigte Produkte unserer Branche, die außerhalb der EU produziert und anschließend importiert werden, außen vor.
Das Ergebnis ist ein deutlicher Wettbewerbsnachteil für europäische Hersteller, die unter hohen Umwelt- und Sozialstandards produzieren – und ein klarer Verstoß gegen das Prinzip eines „Level Playing Field“.
Für IVSH und FEC steht fest:
Die Bedingungen für alle Marktteilnehmer bei CBAM – innerhalb und außerhalb der EU – müssen vergleichbar sein. Nur so kann der CBAM sein Ziel erreichen: Klimaschutz mit fairem Wettbewerb.
In seiner derzeitigen Form jedoch schafft der CBAM Anreize zur Produktionsverlagerung, benachteiligt verantwortungsvoll produzierende Unternehmen in Europa und untergräbt die Glaubwürdigkeit der europäischen Klimapolitik.
Warum unsere Branche besonders betroffen ist
Unsere Produkte weisen typischerweise einen sehr hohen Metallanteil auf; IVSH und FEC empfehlen daher ausdrücklich, Downstream‑Produkte mit mehr als 70 % Metallanteil (Gewichtsanteil von Stahl/Aluminium) in den CBAM‑Anwendungsbereich aufzunehmen.
Um den sachgerechten Zuschnitt zu ermöglichen, haben IVSH und FEC für unsere Branche elf prioritäre Zolltarifnummern identifiziert (761510, 732393, 732394, 732399, 732410, 732392, 8211, 8212, 8213, 8214, 8215).
Belastbare Auswirkungen ohne Nachsteuerung
Das vom FEC vorgelegte Impact Assesment zeigt, dass die heutige Lücke im CBAM‑Design gravierende Folgen in unserer Branche nach sich ziehen kann:
- Deutlicher Kostenanstieg bei Vormaterialien (z. B. Edelstahl, Aluminium) für EU‑Hersteller gegenüber Wettbewerbern außerhalb der EU.
- Produktionsrückgang in der EU um bis zu 35 %, Exportrückgang um bis zu 33 % sowie der mögliche Verlust von rund 15.000 direkten und indirekten Arbeitsplätzen in der europäischen Koch‑, Besteck‑ und Haushaltwarenindustrie in Europa.
- Anstieg der CO₂‑Emissionen um ca. 13 % durch eine Verlagerung hin zu CO₂‑intensiveren Importen und Porduktiobsverlagerungen.
Diese Effekte würden nicht nur die industrielle Basis in Europa schwächen, sondern der Klimazielsetzung des CBAM zuwiderlaufen.
Konkrete Handlungsempfehlungen von IVSH und FEC
- Ausweitung des CBAM‑Anwendungsbereichs auf risikogeneigte Downstream‑Produkte mit > 70 % Metallanteil; Aufnahme der elf priorisierten Zollcodes unserer Branche.
- Exportkompensation für EU‑Hersteller (z. B. durch Inward Processing oder vollständige Rückerstattung/Retrocession von CBAM‑Zertifikaten).
- Robuste Anti‑Umgehungsmaßnahmen, u. a. gegen Ressourcenumlenkung, Zollcode‑Verschiebungen und Transshipment.
- Regulatorische Synchronisierung: Der zeitliche und monetäre Pfad der CBAM‑Erweiterung muss systematisch mit dem Auslaufen der kostenlosen EU‑ETS‑Zuteilungen und den CBAM‑Zertifikatspflichten für Vormaterialien verzahnt werden.
Bedeutung für Wertschöpfung, Beschäftigung und Klimaschutz
Die Schneidwaren‑, Koch‑ und Haushaltwarenindustrie ist ein traditionsreicher, innovativer, exportstarker Teil der Konsumgüterwirtschaft in Deutschland und Europa. Der IVSH repräsentiert Unternehmen, die für tausende Arbeitsplätze und Milliardenumsätze in Deutschland stehen; die Branche liefert langlebige, qualitativ hochwertige Alltagsprodukte, die weltweit geschätzt werden.
Gerade Standorte mit starker Metallverarbeitung sind von Rohstoff‑ und Energiepreisen sowie globalem Wettbewerbsdruck besonders betroffen; ohne gezielte Nachsteuerung im CBAM droht eine weitere strukturelle Benachteiligung europäischer Hersteller entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Metall‑Haushaltswaren.
Ausblick
Die vorgeschlagenen Anpassungen – CBAM‑Erweiterung auf Downstream‑Produkte, Exportkompensation, Anti‑Umgehungsregeln und Synchronisierung mit EU‑ETS – sind entscheidend, um fairen Wettbewerb („Level Playing Field“) wiederherzustellen, Carbon Leakage zu verhindern und effektiven Klimaschutz im Einklang mit Wettbewerbsfähigkeit zu ermöglichen.
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