IVSH-Positionspapier zur Green Claims Directive: Viel neue Bürokratie und trotzdem am Ziel vorbei?

Der Industrieverband Schneid- und Haushaltwaren e.V. (IVSH) begrüßt grundsätzlich das Ziel der EU-Kommission verlässliche und transparente Informationen über die Umweltfreundlichkeit/Umweltwirkung von Produkten zu schaffen. Doch der aktuelle Entwurf der Green Claims Directive verfehlt dieses Ziel aus Sicht des IVSH deutlich – und droht stattdessen, Unternehmen mit unnötiger Bürokratie zu überziehen.
Was ist die Green Claims Directive?
Die Green Claims Directive ist ein Vorschlag der EU-Kommission, der Unternehmen dazu verpflichten soll, Umweltangaben zu Produkten und Dienstleistungen künftig zu belegen und durch externe Stellen zertifizieren zu lassen. Ziel ist es, Greenwashing zu verhindern und Verbraucher besser zu schützen, bzw. Aussagen zu positiven Umweltwirkungen von Produkten und Dienstleistungen nachvollziehbarer zu machen. So weit so gut, doch leider zeigt sich das der aktuelle Entwurf der Green Claims Directive viel Bürokratie erzeugen wird, zu den vorgenannten und unterstützendwerten Zielen aber leider kaum einen Beitrag zur Zielerreichung leisten wird.
Unsere Kritik im Detail:
1. Unverhältnismäßige Nachweispflichten:
Der Entwurf verlangt für jede Umweltangabe denselben aufwendigen Nachweis – egal ob es sich um eine einfache Aussage wie „hergestellt mit erneuerbarer Energie“ oder komplexe CO₂-Bilanzen handelt. Der IVSH fordert stattdessen einen differenzierten Ansatz, der Aufwand und Aussage in ein sinnvolles Verhältnis setzt.
2. Pflicht zur externen Zertifizierung:
Die geplante Zertifizierungspflicht durch externe Prüfstellen verursacht enorme Kosten und Bürokratie – insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU). Eine konservative Schätzung geht allein für IVSH-Mitgliedsunternehmen von 25.000 zusätzlichen Arbeitsstunden und 50 Millionen Euro Mehraufwand aus. Im schlimmsten Fall verlnagsamet dies die grüne Transformation,wenn KMU davor zurückschreicken Umweltaussagen zu tätigen.
3. Überschneidungen mit bestehenden Regelungen:
Die Richtlinie greift in Bereiche bestehender Regelwerke wie REACH oder das deutsche UWG ein und schafft dadurch doppelte Regulierung. Auch der Umgang mit sogenannten „gefährlichen Stoffen“ ist bereits umfassend geregelt – ein Verbot von Umweltaussagen für völlig unschädloche und sichere Produkte mit z. B. Nickelanteil in Edelstahl ist aus Sicht des IVSH nicht nachvollziehbar.
4. Widerspruch zum Bürokratieabbau:
Die EU-Kommission hat sich im „Kompass für Wettbewerbsfähigkeit“ das Ziel gesetzt, den Verwaltungsaufwand für Unternehmen um 25 % zu senken – für KMU sogar um 35 %. Die Green Claims Directive würde das Gegenteil bewirken und ein neues "Bürokratiemonster" erschaffen.
5. Fehlende Übergangsfristen und KMU-Check:
Der IVSH fordert realistische Übergangsfristen und eine umfassende Bewertung der praktischen Belastungen für KMU, bevor die Richtlinie in Kraft tritt.
Forderung nach Aussetzung des Trilogs
Angesichts der vielen offenen Fragen und der erheblichen Bedenken fordert der IVSH, den Trilog zur Green Claims Directive auszusetzen, bis wesentliche Fragen geklärt sind. Es stellt sich die grundsätzliche Frage, ob eine solche Richtlinie überhaupt notwendig ist, da bestehende Regelungen wie das EmpCo und das deutsche UWG bereits ausreichend den betroffenen Bereich regeln. Hier besteht die Gefahr unnötiger Redundanzen und bürokratischer Doppelregulierung und Mehrfachbelastung.
„Solange zentrale Fragen ungeklärt sind, ist es aus unserer Sicht unverantwortlich, den Trilog zum Abschluss zu bringen. Wir brauchen Klarheit, Verhältnismäßigkeit und praktikable Lösungen – kein neues Bürokratiemonster für Unternehmen, die sich für mehr Nachhaltigkeit engagieren. Insbesondere KMU werden sonst wieder einmal überfordert und in ihrer Wettbewerbsfähigkeit geschädigt.“ – Jan-Frederik Kremer, Geschäftsführer des IVSH
Fazit: Nachhaltigkeitskommunikation braucht praktikable Regeln
Der IVSH spricht sich klar für transparente und glaubwürdige Umweltinformationen aus – aber gegen überbordende Bürokratie. Statt aufwendiger Zertifizierungen braucht es klare, verständliche und umsetzbare Regeln, die Unternehmen nicht abschrecken, sondern motivieren, nachhaltiger zu wirtschaften. Hierzu braucht es einen klaren und durchsetzbaren Rahmen, keine Mikroregulierung und Detailregelungen – die Praxis zeigt, dass das Wettbewerbsrecht in der Lage ist diese Transparenz und Klarheit zu schaffen. Ganz ohne Papierwust, sondern mit einer prinzipienorientierten Regulierung.