GPSR-Guidelines der EU: Enttäuschung für die Industrie

GPSR-Guidelines der EU: Enttäuschung für die Industrie

Die EU-Kommission hat Mitte Dezember endlich die lang erwarteten Leitlinien zur neuen General Product Safety Regulation (GPSR) veröffentlicht. Diese sollten Herstellern helfen, die neuen Anforderungen effizient umzusetzen. Doch leider bleibt das Dokument erheblich hinter den Erwartungen zurück.

Die Leitlinien liefern kaum konkrete Hilfestellungen und gehen nicht auf die zentralen Umsetzungsfragen der Industrie ein. Statt praxisnaher Orientierung wie Vorlagen, Beispiele oder klar strukturierter Anleitungen oder Templates bietet das Dokument vor allem allgemeine Hinweise. Zudem lässt die Qualität der Veröffentlichung zu wünschen übrig – weder einheitliche Formatierungen, Seitenzahlen noch ein durchdachtes Layout sind enthalten.

IVSH setzt auf Eigeninitiative
Während viele auf die Leitlinien der EU-Kommission gewartet haben, hat der IVSH schon vor Monaten die Initiative ergriffen. In enger Abstimmung mit den nationalen und kommunalen Behörden, der Politik und unseren Partnern, die wir ausdrücklich für ihre konstruktive Zusammenarbeit loben, haben wir in den letzten Monaten eigene Leitfäden, Vorlagen und Best Practices entwickelt. Diese stehen unseren Mitgliedern zur Verfügung und bieten eine solide Grundlage für die Umsetzung der neuen Anforderungen.

Eine vertane Chance
Für Unternehmen und Verbände, die auf die Leitlinien der EU-Kommission gesetzt haben, stellt die Veröffentlichung eine große Enttäuschung dar. Sie müssen sich nun nicht nur mit den bereits bestehenden Herausforderungen auseinandersetzen, sondern auch mit dem Fehlen verbindlicher Orientierung und Unterstützung auf EU-Ebene.

Starke Lobbyarbeit auf EU-Ebene - Problembewusstsein bei MdEP wächst
Der IVSH hat das Thema bereits frühzeitig mit zahlreichen Mitgliedern des Europäischen Parlaments (MdEP) diskutiert. Dabei konnten wir auf breites Verständnis für die Herausforderungen der Industrie stoßen. Als Ergebnis dieser Gespräche wurde unter anderem eine parlamentarische Anfrage im EU-Parlament eingereicht, um die Probleme der Umsetzung, fehlende Unterstützung und das lange Nichtvorliegen der Leitlinien offiziell zu adressieren. 

Um die Auswirkungen u.a. der GPSR und die Herausforderungen in der Praxis noch deutlicher zu machen, plant der IVSH in den kommenden Monaten mehrere Praxisdialoge mit Mitgliedern des Bundestags (MdB) und des Europäischen Parlaments (MdEP). Ziel ist es, im direkten Austausch die Perspektive der Praxis zu vermitteln und konkrete Verbesserungen für die Umsetzung und zukünftige Regulierung anzustoßen.

IVSH-Geschäftsführer Jan-Frederik Kremer kommentiert:
„Wir hätten von der EU-Kommission mehr erwartet. Die neuen GPSR-Guidelines bieten weder die notwendige Unterstützung noch die Praxisnähe, die die Industrie dringend benötigt. Glücklicherweise waren wir frühzeitig aktiv und haben eigene Lösungen entwickelt. Doch die Unternehmen und Verbände, die auf die EU gesetzt haben, stehen jetzt vor einer doppelten Herausforderung: den komplexen Anforderungen der GPSR und dem Fehlen hilfreicher Leitlinien. Als Verband fordern wir hier mehr Engagement und Dialog seitens der Kommission, um die Umsetzung für alle Beteiligten zu erleichtern.“

Gemeinsame Ziele, klare und professionelle Umsetzung
Als IVSH teilen wir die übergeordneten Ziele der GPSR, die Produktsicherheit zu stärken und Verbraucher zu schützen. Gleichzeitig erwarten wir, dass zukünftige Regulierungen von Beginn an mit einer klaren und praxisnahen Umsetzungsstrategie und einem KMU-Check entwickelt werden, um der Industrie unnötige Unsicherheiten zu ersparen. Informationen und Leitfaden müssen ausreichend lange vor einem "go-live" vorliegen. Redundanzen sind ebenso zu vermeiden, wie Rückschritte in Bezug auf Digitalisierung, Klimaschutz (Verbot ausschließlicher digitaler Hinweise) und Co.

Zum Kontext: Dies war der Anspruch der an die EU-Kommission in der Verordnung selbst gestellt wurde: „Damit Wirtschaftsakteure, bei denen es sich um kleine und mittlere Unternehmen (KMU), einschließlich Kleinstunternehmen, handelt, in der Lage sind, die durch diese Verordnung auferlegten neuen Pflichten zu bewältigen, sollte die Kommission ihnen praktische Leitlinien und eine maßgeschneiderte Beratung zur Verfügung stellen, zum Beispiel einen direkten Kanal, über den Sachverständige bei Fragen kontaktiert werden können. Wobei zu berücksichtigen ist, dass Vereinfachungen erforderlich sind und der Verwaltungsaufwand begrenzt werden muss.“ (41, GPSR)